Unser Selbstverständnis als Radiologen*

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten sind jedoch ausdrücklich einbezogen.

Wofür stehen wir? Was zeichnet uns als Radiologen aus? Wie sehen wir uns selbst und wie wollen wir von Kollegen anderer Fachgebiete, von Akteuren im Gesundheitssystem oder von Patienten wahrgenommen werden? Um Ansichten, Positionen und Ideen überzeugend zu vermitteln, kann ein gemeinsames Verständnis unseres Berufs sehr hilfreich sein. Die AG Gesundheitspolitische Verantwortung hat hierfür einen Vorschlag erarbeitet.

RADIOLOGEN SIND ÄRZTE

Wir sind Ärzte. Unsere ärztliche Tätigkeit ist für uns nicht nur Beruf, sondern Berufung. Unsere Aufgabe ist es zu heilen beziehungsweise einen Heilungsprozess herbeizuführen, das heißt Erkrankungen des menschlichen Körpers aufzuspüren, wirksame Therapien zu identifizieren und auch umzusetzen. Unseren Patienten stehen wir während des gesamten Versorgungsprozesses zur Seite. Unser ethischer Anker ist das Wohl des Patienten.

RADIOLOGEN SIND MEDIZINER

Vom Knochenbruch bis zum Schlaganfall, von angeborenen Fehlbildungen bei Kindern bis zur Altersdemenz – wir sind medizinisch fach- und organübergreifend aus- und weitergebildet, verfügen über ein breites medizinisches Wissen und haben einen Überblick über alle Erkrankungen des menschlichen Körpers. Die bildhaften Ergebnisse unserer Untersuchungen können wir daher vollumfassend beschreiben, interpretieren und befunden. Das schließt auch Zufalls- oder Nebenbefunde außerhalb des jeweils begutachteten Organgebiets ein – beispielsweise die Lungenmetastasen beim Schulter-CT. Wir haben immer das gesamte Bild in Bezug auf den Patienten im Blick. Wir analysieren eben nicht einfach diagnose-, organ- oder symptomgeleitet, sondern bildgeleitet.

RADIOLOGEN SIND MEDIZINISCHE GRUNDVERSORGER UND SPEZIALISTEN

Wir ermöglichen präzise Diagnosen und Voraussagen, bieten minimal-invasive Therapien, beobachten Krankheitsverläufe und gewährleisten so die bestmöglichen wissenschaftlich fundierten Entscheidungsgrundlagen für eine nahtlose Versorgung der Patienten. Unsere medizinische Kernkompetenz besteht in der bildgestützten Untersuchung und patientenbezogenen Befundbeurteilung. Unsere Diagnosen sind oftmals entscheidend dafür, dass Krankheiten richtig erkannt und behandelt werden können. Dabei stehen wir immer wieder vor der Herausforderung, das richtige Verfahren, die richtige Technik und Methode zum richtigen Zeitpunkt und in einer dem Gesundheitszustand des Individuums angemessenen Form einzusetzen. Hierfür benötigen wir den grundlegenden medizinischen Überblick, unser fachspezifisches Wissen und interventionelles Können, umfassende klinische Kenntnisse und ein ausgeprägtes technisches Know-how.

RADIOLOGEN SIND THERAPEUTEN

In der Interventionellen Radiologie werden wir von Diagnostikern zu (minimal-invasiven) Therapeuten. Mit modernsten minimal-invasiven und mikrotherapeutischen Eingriffen über Gefäßkatheter oder auf direktem Wege behandeln wir unsere Patienten, ohne dass eine offene Operation erforderlich ist. In der Notfallsituation entfernen wir rund um die Uhr Blutgerinnsel aus Hirngefäßen beim akuten Schlaganfall oder verschließen lebensbedrohende blutende Gefäße in allen Körperregionen. Eingebettet in interdisziplinäre Therapiekonzepte ist unsere interventionelle Expertise gefragt, wenn beispielsweise Gefäßengstellen oder Verschlüsse in Becken und Beinen, oder aber Gefäßaussackungen in Kopf- und anderen Körpergefäßen schonend behandelt werden müssen. In der Interventionellen Onkologie übernehmen wir klinische Verantwortung bei der zielgenauen Behandlung von Tumorerkrankungen in Lunge, Leber, Niere und Knochen. Lokale Therapien ergänzen die Behandlung einer Vielzahl von Schmerzsymptomen.

RADIOLOGEN SIND KLINIKER UND ARBEITEN INTERDISZIPLINÄR

Wir arbeiten interdisziplinär – auch standortübergreifend – Hand in Hand mit anderen ärztlichen Kollegen. So stellen wir eine flächendeckende, schnelle und qualitativ hochwertige Versorgung sicher. Wir bringen in themengeleiteten Teams wie zum Beispiel Tumor-Boards maßgebliche Informationen über den jeweiligen Befund ein, um darauf aufbauend gemeinsam über die individuell gebotene Therapie zu entscheiden. In fachübergreifenden Konferenzen führen wir gemeinsam mit den beteiligten Kliniken radiologische Befunde mit anderen patientenbezogenen Informationen zusammen und entscheiden gemeinsam über nächste Behandlungsschritte. In Zentren, in denen interdisziplinäre Diagnose- und Therapiekonzepte zum Einsatz kommen, nehmen wir als Vertreter der diagnostischen und interventionellen Radiologie eine zentrale Rolle ein. In Notaufnahmen erarbeiten wir als Teil interdisziplinärer Teams unter erheblichem Zeitdruck eine schnelle und verlässliche Diagnostik, um die bestmögliche medizinische Versorgung von Schwerverletzten zu ermöglichen.

RADIOLOGEN ARBEITEN DIGITAL

Wir sind Pioniere der Digitalisierung. Wir können von der Anmeldung einer Untersuchung bis zum Befundbericht komplett papierlos arbeiten, schon seit langer Zeit brauchen wir auch keine Röntgenfilme mehr. Wir haben schon früh die neuen Methoden der Bilderzeugung, Bildnachverarbeitung und Speicherung genutzt, sodass wir bildbasierte Informationen uneingeschränkt digital verfügbar machen können. Der Wert der Digitalisierung liegt nur zu einem kleinen Teil im Prozess selbst, er liegt vielmehr in den umfassenden Möglichkeiten der Nutzung der digitalen Bilddaten. Wir bewegen uns im Bilddatenraum. Unser Bestreben ist es, auf Basis einer standardisierten, strukturierten, detaillierten und quantitativen Analyse dieser bildbasierten Informationen sowie deren Korrelation zu anderen klinischen und molekularbiologischen Daten eine nicht invasive Analyse des Erscheinungsbildes von Erkrankungen anzubieten, um so Prognosen und Therapieentscheidungen nachhaltig zu verbessern und individualisierte Behandlungs- und Überwachungsstrategien zu entwickeln. Als Innovationstreiber setzen wir hierbei auch gezielt auf Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI).

RADIOLOGEN SIND INTEGRATIV UND KOMMUNIKATIV

Eines unserer Hauptinstrumente ist Kommunikation, mündlich, schriftlich und digital. Bild und zugehöriger Befund werden als Kern unserer ärztlich-radiologischen Leistung in digitaler Form transportiert, das heißt kommuniziert. Aber wir stellen diese patientenbezogenen Inhalte auch in einen medizinischen Kontext und kommunizieren tagtäglich mit unseren mitbehandelnden Kollegen anderer Fachdisziplinen, insbesondere aber mit unseren Patienten. Gute Kommunikation ist deshalb ein ganz wesentliches Element unserer ärztlichen Tätigkeit. Wir verstehen uns als Lotsen, die Behandlungsprozesse vernetzen, moderieren und auf Basis ihres medizinischen Querschnittswissens beraten und koordinieren.

RADIOLOGEN KENNEN DIE GERÄTETECHNIK

Ob digitales konventionelles Röntgen oder Computertomografie (CT), ob Ultraschall oder Magnetresonanztomografie (MRT) – unsere Werkzeuge sind hochkomplexe technische Geräte. Im Rahmen der fünfjährigen Weiterbildung zum Facharzt für Radiologie haben wir deshalb auch gelernt, wie wir Bilder vom Inneren des Körpers erstellen. Und da kein Fall dem anderen gleicht, müssen wir immer wieder aufs Neue entscheiden, mit welcher Methode wir eine Auffälligkeit optimal diagnostizieren und dabei unseren Patienten bestmöglich schützen können.

RADIOLOGEN SIND EXPERTEN FÜR DEN STRAHLENSCHUTZ

Wir sind umfangreich im Strahlenschutz geschult. Mit der sogenannten „Fachkunde“ haben wir ein breites Verständnis für alle Aspekte des Strahlenschutzes entwickelt. Wir entscheiden in jedem Einzelfall, ob eine Untersuchung überhaupt notwendig ist. Den zu erwartenden Nutzen einer Untersuchung wiegen wir immer gegen das potenzielle Risiko ab und wählen dasjenige bildgebende Verfahren, bei dem die hinsichtlich der Fragestellung bestmögliche Diagnosequalität bei geringstmöglicher Strahlendosis erzielt werden kann.

RADIOLOGEN LERNEN EIN LEBEN LANG

Auch nach Abschluss der Weiterbildung zum Facharzt Radiologie gehören Fortbildungen zu unserem beruflichen Alltag. Mit Zertifikaten dokumentieren wir zudem den strukturierten Erwerb von Experten- und Spezialwissen, das über das hinausgeht, was für die Facharztanerkennung gefordert wird.

RADIOLOGEN SIND WISSENSCHAFTLER UND FORSCHER

Wir arbeiten nicht nur in einer vergleichsweise volatilen Umgebung, die wesentlich beeinflusst und geprägt ist von immer kürzeren Innovationszyklen. Wir sind auch aus Überzeugung und Leidenschaft Initiatoren und Partner von Forschungsprojekten, präklinischen und klinischen Studien, Leitlinien und wissenschaftlichen Publikationen. Wir bringen uns ein, wenn es um die Bewertung neuer Diagnoseverfahren, Medikamente oder innovativer Therapiemaßnahmen geht. Unsere Begeisterung für Technik, gepaart mit wissenschaftlich-klinischer Expertise, trägt wesentlich dazu bei, dass aus technischen Ideen neue zukunftsweisende Perspektiven in der klinischen Medizin werden.

RADIOLOGEN SIND INTEGRALER BESTANDTEIL EINER FLÄCHENDECKENDEN MEDIZINISCHEN VERSORGUNG

Wir sind deutschlandweit über 8.000 berufstätige Radiologen, die zu annähernd gleichen Teilen im stationären und ambulanten Bereich tätig sind. Wir sind im Kreiskrankenhaus mit regionalem Versorgungsauftrag ebenso zu Hause wie im Universitätsklinikum mit Forschungsabteilungen und Lehrbetrieb, arbeiten in radiologischen Einzelpraxen, Gemeinschaftspraxen oder in medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Unsere teleradiologischen Versorgungskonzepte und -strukturen gewährleisten auch in strukturschwächeren Gebieten eine qualitätsgesicherte radiologische Leistungserbringung.

Kurzum: Radiologen sind da, wo sie gebraucht werden.

Wie ist Ihre Meinung?
Haben Sie Ergänzungen, Änderungsvorschläge oder Korrekturen? Dann schreiben Sie uns und unterstützen Sie uns dabei, ein Selbstverständnis zu entwickeln, mit dem sich alle Radiologen identifizieren können.

E-Mail: office@drg.de